September 13, 2023
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Gestaltung einer nachhaltigen Metallzukunft: Navigieren im Spannungsfeld von Ressourcen, Nachfrage und Kreislaufwirtschaft

Zukunftswerkstatt gemeinsam mit der TRIMET Aluminium SE in der Alubotschaft Berlin

Gestaltung einer nachhaltigen Metallzukunft: Navigieren im Spannungsfeld von Ressourcen, Nachfrage und Kreislaufwirtschaft

Die deutsche Politik und Gesellschaft bewegen sich mit großen Schritten in Richtung eines transformierten und nachhaltigen Landes. Soziale Erwartungen steigen, der moralische Kompass wird strenger und die Gesetzeslage wird komplexer und anspruchsvoller. Die Rolle der Metallindustrie (sowie der deutschen Industrie allgemein) in einer erfolgreichen Transformation ist ohne Zweifel groß. Aber die richtige Navigation in diesem Spannungsfeld aus Erwartungen, gesetzlichen Anforderungen und gleichzeitig steigender Nachfrage ist alles andere als leicht.

Diese Herausforderung wurde noch einmal im Kontext der herannahenden Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) und deren Bedeutung für die Primärmetallproduktion deutlich. Diese soll als Rahmenstrategie Ziele und strategische Maßnahmen aus rohstoffpolitischen Strategien zusammenführen und Deutschlands Kreislaufwirtschaft effizienter und resilienter machen. Hauptziele der Strategie sind, die Sicherung der Rohstoffversorgung, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie den Primärrohstoffbedarf zu senken.

Letzteres steht in vermeintlichem Konflikt mit den Ansichten der Unternehmen aus der Primärherstellung von NE-Metallen. Fortlaufendes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, gekoppelt mit zunehmendem Rohstoffbedarf für die Transformation sowie die Energiewende, verstärken maßgeblich die Nachfrage nach Metallen. Das Argument besteht, dass sich schlichtweg noch nicht genug metallische Rohstoffe für die Bedarfsdeckung im Kreislauf befinden.

Die Einbeziehung verschiedener Perspektiven und Kenntnisse macht einen Diskurs fruchtbar – und genau das war das Ziel unserer Zukunftswerkstatt. Metalle Pro und die TRIMET Aluminium SE luden Vertreter*innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Unternehmen in die Alubotschaft in Berlin ein. Im Rahmen des Workshops sollten die Teilnehmenden Positiv- und Negativ-Szenarios für die Zukunft der Primäraluminiumproduktion mit Hinblick auf die Leitziele der NKWS entwickeln. Darauf folgte eine Neuzusammensetzung der Gruppen, sodass je ein/-e Vertreter*in pro Stakeholdergruppe aufeinanderstießen. Es galt die erarbeiteten Szenarien zu diskutieren und zu vereinen. Ein offenes Mindset und Kompromissbereitschaft waren gefragt!

Die Ergebnisse waren vielseitig interessant. Zunächst wurde schnell deutlich, dass die Ansichten der einzelnen Stakeholdergruppen mehr Gemeinsamkeiten aufwiesen, als zunächst erwartet worden war. Alle waren sich einig, dass die bevorstehende Transformation nicht ohne Primärrohstoffe möglich sein wird. Was ist also nötig, um die Transformation weiterhin zu befördern, die Leitziele der NKWS weitestgehend zu achten und gleichzeitig den Industriestandort Deutschland zu wahren?

Hier einige der Anforderungen und Antworten unserer Teilnehmenden zu dieser Herausforderung:

  • Kreislaufwirtschaft muss ganzheitlich gedacht werden
  • Design For Recycling muss als Grundlage eines jeden Produktes etabliert werden
  • Standardisierungsmaßnahmen müssen gesetzlich verankert sein
  • Hochreine Legierungsspezifikationen müssen reduziert werden, da sie die Anforderungen an Schrotte zu hoch setzen und Recycling selektiver machen
  • Datengrundlage und -weitergabe muss entlang der gesamten Kette gestärkt werden
  • Greenwashing muss durch klare Richtlinien und einheitliche (Berechnungs-)Verfahren minimiert werden
  • Produktionskapazitäten für Wertstoffkreisläufe innerhalb Europas müssen erhalten bleiben
  • Vermehrte Abwanderung deutscher Industrie muss verhindert werden
  • Planwirtschaftliche Elemente dürfen nicht überwiegen
  • Kunden müssen regionale und nachhaltige Wertschöpfung mit bewusstem Konsumverhalten wertschätzen
  • Fachkräftemangel muss als relevantes Risiko eingestuft werden

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Ergebnisse eine Zusammentragung der verschiedenen Gruppendiskussionen ist und nicht jeder Punkt den Meinungen aller Stakeholdergruppen gleichermaßen entspricht. Dennoch vereint diese Aufzählung die Perspektiven und Anforderungen aller Teilnehmenden weitestgehend und wurde durch Diskussion und Kompromissfindung so ermöglicht.

Metalle Pro zieht aus diesem Vormittag folgende Erkenntnisse. Zunächst ordnen wir der Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen große Priorität zu. Wir haben in Deutschland die Möglichkeit und die Rahmenbedingungen einen Industriestandort zu gestalten, der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft absichert. Unternehmen, die hier angesiedelt sind, bringen Wohlstand und Fortschritt, während die potenziell negativen Auswirkungen reguliert und minimiert werden können. Dieses Potential, oder eben die aus der Abwanderung resultierende Gefahr, ist nicht zu unterschätzen. Außerdem verlieh der Workshop dem Thema der Energiewende erneut Nachdruck. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien erhöht sich das Potential Rohstoffe umweltfreundlich im Wertstoffkreislauf zu führen ungemein. Besonders für energieintensive Unternehmen, wie die TRIMET, ermöglichen verlässliche und wettbewerbsfähige Quellen von ausreichend erneuerbaren Energien einen entscheidenden Schritt in Richtung CO2-arme Produktion.

Die gesammelten Ergebnisse und Erkenntnisse liefern Grundlage für einen Ausblick und offene Fragen bei der strategischen Umsetzung. Zunächst wurde deutlich, dass sich die Konkurrenz um Schrotte in Zukunft immens verschärfen wird. Maßnahmen, die diese Problematik nachhaltig behandeln, müssen mit viel Rationalität und Geradlinigkeit entwickelt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob verpflichtende Quoten (z.B. Recycled Content) von Nöten und vor allem sinnvoll sind. Wenn Materialien in Zukunft mit mehr Bedacht zur Verfügung gestellt werden sollen, eröffnen sich ebenfalls Fragen zu markt- und planwirtschaftlichen Elementen, die eine Verwendung kritischer Materialien in transformationsrelevanten Prozessen sicherstellen. Was für Elemente sind sinnvoll und umsetzbar? Wie kann sichergestellt werden, dass die Transformationsrelevanz eines Primärrohstoffs Auswirkungen auf die Produktionsmengen hat?

Die Verantwortung der Grundstoffindustrie ist in diesem Zusammenhang oft Thema. Wie weit kann Herstellerverantwortung gehen? Hier gehen die Meinungen und Anforderungen oft auseinander. Moralisch und gesellschaftlich ist eine Verantwortung in der nachgelagerten Wertschöpfungskette von Unternehmen sehr wünschenswert. Gerade auch um Fragen, wie die Lenkung des Materialeinsatzes zu behandeln. Gleichzeitig muss in diesem Zusammenhang geklärt werden, ob eine solche Verantwortung realistisch möglich ist und auch mit ökonomischen Interessen vereinbar ist. Letztlich muss auch der bürokratische Aufwand in die Evaluierung mit einbezogen werden. Zu viel bürokratischer Aufwand würde wertvolle Aufmerksamkeit und Kraft von unternehmensinternen Nachhaltigkeitsbemühungen nehmen.

Zuletzt sollten innerhalb dieser Diskussion, Produkte und Stoffströme kontinuierlich kritisch hinterfragt werden. Ihre Rolle für die Transformation sollte ein ausschlaggebendes Kriterium sein, während gleichzeitige Wachsamkeit bei solchen Evaluierungsprozessen gegeben sein muss. Die Entscheidung darüber, wie transformationsrelevant ein Produkt wirklich ist, sollte alle betroffenen Stakeholder einbeziehen.

Es wurde deutlich, dass die Zukunft der Primärindustrie in Deutschland nicht ohne Grund als Spannungsfeld betrachtet wird. Die Liste der Wünsche und Anforderungen ist ausgiebig und bei erfolgreicher Umsetzung vielversprechend. Allerdings ist auch klar geworden, dass dieser Umsetzung noch viel Diskussion und Kompromissfindung im legislativen Spektrum vorangehen muss.

In unserer Zukunftswerkstatt haben wir jedoch allemal gesehen, dass ein konstruktives und offenes Diskussionsklima und Umfeld, Annäherung und Lösungsfindung vereinfacht ermöglicht. Die Teilnehmenden haben sich in der Alubotschaft vernetzt und diese mit verstärktem Verständnis füreinander verlassen. Wir bedanken uns für alle Beiträge und die aufschlussreiche Zusammenarbeit!

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