KME hat 2022 zum sechsten Mal den TECU® ARCHITECTURE AWARD ausgelobt und Projekte ausgezeichnet, die durch beispielhafte und innovative Nutzung von TECU® Produkten überzeugen. Die TECU® Produkte umfassen vielseitige Oberflächen aus recyceltem Kupfer und Kupferlegierungen. Kupfer ist ein natürliches Element, langlebig und zu 100% recycelbar. Somit vereinen die TECU® Produkte Aspekte der Kreislaufgesellschaft, Ästhetik und vor allem Nachhaltigkeit.
Diese Eigenschaften bewegten Regina Gebauer, Master Absolventin in Architektur und Junior Consultant für Nachhaltigkeit und Green Building bei Drees & Sommer, eine Kupferfassade für ihren Entwurf UNTIL EVERYTHING MOVES zu wählen. Dieser zeigt, wie Städte nach innen verdichtet werden können und das Ästhetik und Nachhaltigkeit bei weitem kein Widerspruch darstellen. Mit ihrem Entwurf gewann Regina Gebauer 2022 einen von zwei ersten Preisen des TECU® ARCHITECTURE Awards in der Kategorie „Projektpreis für Studenten“.
Wir haben ein Interview mit Regina Gebauer rund um die Themen des nachhaltigen Städtebaus, der Kreislaufgesellschaft und der Rolle von Metallen in diesem Zusammenhang geführt.
Die Stadt von morgen: Was sind im Kontext von Architektur für dich maßgebliche und unbedingt zu bedenkende Aspekte?
Zunächst müssen wir festhalten, dass eine kontinuierliche geographische Ausweitung der Städte keine Lösung ist. Viel eher sollte bestehendes innerstädtisches Potential, z.B. in Form von Leerstand, Baulücken oder Dachflächen genutzt werden und somit Verdichtung nach innen vorangetrieben werden. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Ressourcenknappheit muss außerdem das Konzept der Kreislaufwirtschaft schnell ausgebaut und realisiert werden. Unter Berücksichtigung der grauen Energie, die in unserer gebauten Umwelt enthalten ist, sollte nach Möglichkeit der Umbau dem Neubau vorgezogen werden. Das ist nicht immer die einzig richtige Lösung unter Berücksichtigung aller Aspekte, eine Untersuchung sollte jedoch immer vorgenommen werden.
Des Weiteren gilt es, die gebaute Stadt, die sich baulich weiterentwickelt, als städtische Rohstofflager zu etablieren: Buildings as Material Banks. Das Konzept des Urban Mining bezeichnet dabei die Idee derzeitig existierendes Material aus der städtischen Mine zu lösen. Mittels sortenrein trennbarer Konstruktionsmethoden, die teilweise noch entwickelt werden müssen, teilweise aber auch aus traditionellen Handwerksmethoden bekannt sind, werden die Materialien dann wieder eingebaut und in den Kreislauf zurückgeführt. Dabei ist wichtig, und das würde vieles vereinfachen, zu dokumentieren welche Materialien im Gebäude wo und wie verbaut wurden, zum Beispiel über material passports. Urban Mining bezeichnet damit einen temporären Zwischenstand, bevor eine vollständige Kreislaufwirtschaft realisiert werden kann.

Viele Menschen befürchten im Sinne der Nachhaltigkeit Abzüge an Komfort oder Ästhetik machen zu müssen. Welche Aufgabe kommt Architekt*innen bei der Verbindung dieser Bereiche zu?
Nachhaltiges Bauen muss unbedingt ästhetisch sein! Ansonsten ist es mit der Akzeptanz der Gesellschaft schwierig. Innerhalb meines Studiums am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) haben wir Ästhetik als die 4. Säule der Nachhaltigkeit definiert. Urban Mining wird oft mit der Nutzung von „Abfall“ assoziiert. Dies führt zu der Befürchtung von Abzügen bei Qualität, Komfort oder Ästhetik. Wir müssen hier dringend auch an den Begrifflichkeiten arbeiten. Bereits vorhandenes Material bietet sehr großes Potential als Sekundärrohstoff, welches wiedergewonnen werden kann und vielfältig wiederverwendet oder wiederverwertet, weiterverwendet oder weiterverwertet werden kann, je nach Geometrie, stofflicher Zusammensetzung und Verwendung.
„Sekundärrohstoffe können sehr gezielt bei der Gestaltung eingesetzt werden und eignen sich, um mit ihnen Geschichten zu erzählen.“
Vorhandene Materialien habe einen Charakter und erzählen eine Geschichte, die sie von neuen Materialien klar abheben. Zudem bietet die Kombination aus Altem und Neuem die Entwicklung völlig neuer Gestaltungsansätze, welche ohne Sekundärrohstoffe nicht möglich wären. Man muss als Architekt*in die Gesellschaft mit verbauten Sekundärrohstoffen berühren und somit ihr Potential verdeutlichen.
Zwischen Ästhetik und Nachhaltigkeit gibt es also keinen Zielkonflikt – es können sogar starke Synergien entstehen. Wie bewertest du dann die Beziehung zwischen der ästhetischen Nachhaltigkeit und Ökonomie?
Nachhaltiges Bauen muss natürlich alle Säulen der Nachhaltigkeit berücksichtigen. In der ökonomischen Untersuchung meines Entwurfsprojekts zeigte sich, dass die Realisierung in den Investitionskosten durchaus höher wäre. Dies resultiert unter anderem aus erhöhtem Planungsaufwand: Herausforderungen, wie das Finden sortenreiner Verbindungsmittel und -methoden oder die Sicherung Rückbaubarkeit werden in konventionellem Bauen bisher nicht berücksichtigt. Wenn der Lebenszyklus des Gebäudes jedoch zu Ende gedacht wird, wird deutlich, dass es nicht an Wert verliert, sondern sogar eine Wertsteigerung erfährt. Zurückgewinnung und anschließender Weiterverkauf der verbauten Materialien ermöglicht finanziellen Mehrwert. Die Anfangsinvestition darf also nicht allein gesehen werden, wenn man die ökonomische Perspektive analysiert. Neben dem Gebäude als “Rohstofflager” lassen sich jedoch auch nachhaltig geplante Grundrisskonzepte realisieren, die neben dem sozialen Mehrwert auch in der Vermietung eine hohe Rendite erfahren. Es ist immer ein Zusammenspiel aller vier Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie, Soziales und die Ästhetik.

In speziellem Hinblick auf den Werkstoff Kupfer: Wie kam es zu der Entscheidung Kupfer einzusetzen und warum hat sich das Material im Kontext von Nachhaltigkeit und Ästhetik als überzeugend herausgestellt?
Jedem Entwurf muss fundierte Analysearbeit vorausgehen. Ich habe mich in diesem Projekt mit der Umgebung und Geschichte der Region Wuppertal und dem Ruhrgebiet auseinandergesetzt. Die Prägung dieser durch die Industrie war ein wesentlicher Entscheidungsfaktor. Gleichzeitig beschreibt der Entwurf die Aufstockung eines Bestandsbaus, auf den es eine Antwort zu finden galt.
Ein anderer Teil der Analyse beschäftigte sich mit den Herausforderungen unserer Zeit, wie Klimawandel und Ressourcenknappheit. Also suchte ich nach Materialien, die bereits existierten und wiederverwertet wurden, um Ressourcen und Umwelt zu schützen.
Die Marke TECU® bietet verschiedene Kupferoberflächen, die vielseitig und ästhetisch sind, während sie eben gleichzeitig auch eine Geschichte in sich tragen, weil die Metalle wiederverwertet wurden. Der Entwurf ist in Harmonie mit dem Bestandsbau durch farbliche Abstimmung, aber auch im Kontrast durch die Metallfassade auf der historischen Klinkerfassade. Somit vereint der Entwurf Nachhaltigkeit und Ästhetik!
Inwiefern wird im Studium Materialkunde gelehrt? Wie ausgeprägt ist die Auseinandersetzung mit Werkstoffen am KIT gewesen?
Der große Mehrwert am KIT ist, dass in der Lehre ein großer Fokus auf Materialität gelegt wird und Materialkunde auch als eigenständiges Lehrmodul angeboten wird. Gerade in den letzten Jahren hat sich in der Lehre diesbezüglich und insgesamt hinsichtlich dem Thema Nachhaltiges Bauen, sehr viel getan. Gerade letzte Woche wurde die neue Materialbibliothek geöffnet. Sie soll das Wissen für so viele Interessierte wie möglich zugänglich machen und die Studierenden in der Projektarbeit unterstützen.
Als der Entwurf ein halbes Jahr später für ein Realisierungsprojekt weiterentwickelt wurde, haben wir uns auch mit Herstellern in Verbindung gesetzt und Materialmuster begutachtet. Des Weiteren wurden Experten zu Rate gezogen, die die potentiellen Materialien auf ihren Schadstoffgehalt untersuchten. Ziel war es, keine toxischen Materialien zu verbauen, womit dies zum K.O.-Kriterium in der Materialwahl wurde.
Du hast den Austausch mit Herstellern angesprochen. Häufig scheint die Realisation einer effizienten Kreislaufwirtschaft an mangelnder Kommunikation zwischen Akteuren entlang der Liefer- und Planungskette zu scheitern. Wie sind da deine Erfahrungen gewesen? Und wie siehst du die Rolle von Herstellern in diesem Kontext?
„Der Begriff Nachhaltigkeit wird von vielen sehr unterschiedlich definiert. Es gibt kein einheitliches Verständnis einer nachhaltigen Bauwirtschaft.“
Viele aktuelle Geschäftsmodelle der Materialhersteller enden mit dem Verkauf. Dabei wird die Verantwortung für die Materialien nach dem Verkauf sozusagen abgegeben. Meiner Meinung nach sollten Geschäftsmodelle ausgeweitet oder neu entwickelt werden, sodass Verantwortung über diesen Punkt hinaus geht. Zum Beispiel könnten Hersteller anbieten ihre Materialien nach dem Ausbauen wieder zurückzunehmen, nach dem Leasing-Prinzip etwa, welches von niederländischen Herstellern schon bekannt ist. Oder es könnten Auflagen entwickelt werden, welche Vorgaben für die Verarbeitung mit Hinsicht auf eine sichere Wiedergewinnung darlegen. Außerdem würde eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Herstellern untereinander und auch mit den ausführenden Firmen positive Auswirkungen haben. Der Austausch über die Eignung der Materialien für eine Einbindung in unsere Umwelt und zu zukunftsfähigen Herangehensweisen und Wirtschaftsmodellen, könnte die Kreislauffähigkeit enorm vorantreiben.
Regina Gebauer arbeitet seit Anfang des Jahres bei Drees & Sommer im Bereich Green Building. Dort fördert sie die Zusammenarbeit verschiedener Akteure im Bauwesen, um das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben. Ihr Anspruch an Umweltgestalter*innen ist es, Gebäude und Räume zu entwickeln, in denen nachhaltige Erlebnisse und Erinnerungen geschaffen werden und die auf allen vier Säulen der Nachhaltigkeit zukunftsfähig sind.
„Es gibt für dieses Ziel noch viel zu tun, aber grade die junge Generation, die weit in die Zukunft blickt, hat die Verantwortung und das Potential dies umzusetzen.“
Wir bedanken uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei Regina Gebauer für das spannende Interview und gratulieren zum Gewinn des TECU® ARCHITECTURE Awards „Projektpreis für Studenten“.